Pflanzen, schneiden, jäten

Erschienen: 24. Februar 2012

Editorial
Stéphanie Perrochet

In Kindheitsträumen kommt der Gedanke an Unterhaltsarbeiten gar nicht vor: Wünschen sich doch so manche ein Schloss mit Märchengarten – ohne Bezug zur Pflegerealität. Die Klassiker des Traumgartens, zum Beispiel Rosen- und Sommerblumen, englische Staudenbeete und geschnittene Heckenskulpturen, Springbrunnen und Wasserbecken benötigen aber viel Zeit, Geld und Hingabe für ihr Bestehen.

In den vergangenen Jahren sind nicht nur die schmelzenden Unterhaltsbudgets der öffentlichen Hand und die knapper werdende Zeit des privaten Gartenbesitzers zum Thema geworden, sondern auch die Ansprüche an einen stärker ökologisch orientierten Unterhalt von Gärten und öffentlichen Anlagen. Dieses gestiegene Interesse an einer zielgerichteten und wohlgeplanten Pflege lässt sich nicht nur an der grossen Anzahl der Fachveröffentlichungen zum Thema ablesen, sondern vor allem an der geänderten Arbeitsweise von Landschaftsgärtnern und Stadtgärtnereien.

Die sozialen Funktionen von öffentlichen Parks werden immer wichtiger. Die aus städtebaulichen und raumplanerischen Gründen gewünschte Verdichtung der Städte führt zu neuen Ansprüchen an den urbanen Freiraum. Grössere und stärker genutzte Grünflächen erfordern eine kostengünstige Pflege.

Ihre als «Lebenszykluskosten» bezeichneten Gesamtkosten (Planung, Bau, lebenslanger Unterhalt) von Freiraumgestaltungen sollten zukünftig schon bei der Planung mit berücksichtigt werden; nach der Forschung steht hier nun die angewandte Landschaftsarchitektur stärker in der Pflicht. Auch auf der politischen Ebene muss noch gelernt werden. Während der private Gartenbesitzer die zukünftigen Pflegeansprüche seines Gartens häufig bei der Anlage schon bedenkt, wird diese Frage von den politischen Akteuren und vor allem bei der Formulierung von Wettbewerbsprogrammen noch meist vernachlässigt: gross ist die Versuchung, sich mit einer «Prachtanlage» zu schmücken, ohne die Folgekosten zu bedenken.

anthos macht die zahlreichen Einflüsse, Methoden und Techniken, welche bei der zielgerechten Pflege von Grünanlagen heute berücksichtigt werden müssen, zum Thema. Die Organisation des Grünflächenunterhalts in einer Grossstadt wie Nantes, in der nicht nur ökologische sondern auch soziale Indikatoren zur ständigen Erfolgskontrolle und Anpassung der Pflege genutzt werden, mögliche Reaktionen auf die extreme Belastung innerstädtischer Grünflächen sowie die spezifischen Mittel zur langfristigen Sicherung des Baumbestandes einer Stadt sind besonders für öffentliche Verwaltungen interessant. Auch Spezialthemen werden angesprochen: besondere Pflegeansprüche historischer Gärten, Probleme mit invasiven Neophyten oder Methoden, seltene Tierarten auch im dicht bebauten innerstädtischen Raum zu fördern. Der Beitrag zum Schweizer Nationalpark erinnert uns schliesslich: es war einmal eine Landschaft ohne Unterhalt …

 

 

Inhaltsverzeichnis

  • Jacques Soignon: Grünflächenmanagement in Nantes > zum Artikel
  • Ursula Kellner: Das öffentliche Grün, ein Pflegefall?
  • Florian Brack: GreenCycle® – Lebenszykluskosten von Freiräumen
  • Martin Geissbühler: Naturnahe Plätze und Anlagen für Kinder
  • Thomas Herrgen:  Stresstest für das Ufergrün
  • Stephan Bernhard: Für einen vitalen Baumbestand
  • Nicolas Béguin: Baumpfleger, Baumberater
  • Sonja Rindlisbacher, Stéphanie Perrochet: Arten ohne Grenzen > zum Artikel
  • Sylvie Barbalat, Blaise Mulhauser: Biodiversität in der Stadt
  • Andreas Erni: Umsorgte Dynamik
  • Steffen Osoegawa: Unterhalt historischer Gärten