G|59 – und 50 Jahre danach

Erschienen: 29. Mai 2009

Editorial

Bernd Schubert

 

Grosse Jubiläen sind selten in der Schweizer Landschaftsarchitektur. Lasst sie uns deshalb feiern! Vor 50 Jahren, am 25. April 1959, öffnete die 1. Schweizerische Gartenbau-Ausstellung (G|59) in Zürich ihre Tore und versetzte die Stadt sechs Monate lang in Festtagsstimmung. Erst zwei Jahrzehnte später gelang es, mit der Grün 80 in Basel eine zweite nationale Ausstellung durchzuführen – die dann leider auch die letzte war. Weitere Versuche scheiterten. Umso höher ist die Leistung der acht beteiligten nationalen und regionalen Berufsverbände einzuschätzen, die 1959 zusammen mit der Stadt Zürich dieses grosse Ereignis organisiert haben.

 

Einer der wesentlichen Akteure der G|59 war der damalige Bund Schweizerischer Gartengestalter BSG (heute BSLA). Bedeutende Landschaftsarchitekten jener Zeit wurden in die Gestaltung einbezogen, so Johannes Schweizer, Klaus und Walter Leder, Fredy Klauser auf der linken, Ernst Baumann, Willi Neukom und Ernst Cramer auf der rechten Seeseite. Diese setzten Massstäbe und sorgten für eine landschaftsarchitektonische Stildiskussion weit über die Landesgrenzen hinaus.

 

Teile der Ausstellung blieben in ihrer Substanz bis heute erhalten, wie der Hexagonale Garten in der Enge, andere leben noch als Mythos fort, wie der Garten des Poeten. Die Bedeutung für die Stadt Zürich geht jedoch weit über die gestalterischen Highlights hinaus. Denn mit der G|59 wurde eine grossräumige, zum See hin geöffnete Parklandschaft geschaffen und damit der wertvollste Erholungsraum für die Bevölkerung von Stadt und Region.

 

anthos möchte mit diesem Heft die Bedeutung der G|59 reflektieren und aufzeigen, wie wir heute mit diesem grossartigen Erbe umgehen. Die Ansprüche an die Seeufer – und an den öffentlichen Raum überhaupt – haben sich gewandelt. Der Nutzungsdruck ist grösser geworden, temporäre Events und Sponsoreninteressen stehen oft im Widerspruch zur allgemeinen Nutzbarkeit für die Bevölkerung. Festivalisierung, Privatisierung und Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes sind aktuelle gesellschaftliche Prozesse.

 

anthos berichtet über die städtischen Instrumente, mit denen die Entwicklung am Zürichsee in geordnete Bahnen gelenkt werden soll. Neben dem Grünbuch von Grün Stadt Zürich sind dies vor allem der Masterplan für das Zürichhorn sowie Strategien zum Grünflächenmanagement. Das neuste Instrument ist ein wegweisendes, breit angelegtes Leitbild für das Zürcher Seebecken, das Kanton und Stadt gemeinsam erarbeitet haben.

 

Die G|59 war ein Markstein in der Entwicklung der Zürcher Uferlandschaft. Es ist unsere Pflicht, ihr Erbe auch für die Zukunft zu sichern.

 

Inhaltsverzeichnis

  • Die G|59. Zwischen Blumen-Landi und abstrakt-modernen Garten-     experimenten > zum Artikel
  • G|59 – ein herausforderndes Erbe
  • Die Gondelbahn der G|59 über den Zürichsee
  • 50 Jahre «Garten des Poeten» von Ernst Cramer
  • Fundstücke, oder das Seebecken als «Kunstlandschaft»
  • Festival Zürich > zum Artikel
  • Neu- und Umgestaltungen am Zürichhorn > zum Artikel
  • Zwischen Bürkliplatz und Arboretum
  • Seeanlagen Zürich: Paradies unter Druck?
  • Von der Grünflächenpflege zum Grünflächenmanagement
  • Ein Leitbild für das Seebecken der Stadt Zürich