Grenzen überwinden

Erschienen: 25. Mai 2016

 

> Dieses Heft bestellen

Editorial

Sabine Wolf

 

Die unüberwindbarsten Grenzen haben wir in unseren Köpfen. Sie halten uns auf Trab und machen uns das Leben schwer, weil sie uns daran hindern, systemisch und in Zusammenhängen zu denken und zu entscheiden. Stattdessen sehen wir die Einzel­teile, trennscharf abgegrenzt voneinander: hier einen Baum, da einen Baum und daneben noch einen. Zusammen könnten sie ein Stadtwald sein, Elemente einer schützenswerten Kulturlandschaft mit traditionellen Hochstammobstgärten, Ausdruck zunehmender Verbuschung in alpinen Sömmerungsgebieten, charakterbildende Individuen einer historischen Parkanlage, eines liebevoll gepflegten Privatgartens, einer Auenlandschaft.

Je nach Kontext ordnen wir die Dinge ein. Und je mehr Erfahrung und (Fach-)Wissen wir haben, desto freier können wir analysieren, kombinieren, Rückschlüsse ziehen, entwickeln. Wirklich spannend wird es meist erst über dem Tellerrand: Wo die Pfade noch nicht tief gespurt sind, wo Pioniergeist gefragt ist und neue Allianzen überraschen. Wo wir die Kür tanzen können, weil wir die Pflicht beherrschen. So abgedroschen es klingen mag, so wahr ist es dennoch: Erst eine gute, fundierte Ausbildung durch Lehre oder Studium gibt uns dafür die nötige Beinfreiheit.

Der Blick über den Tellerrand kann die eigene Disziplinengrenze sein, oder das Neue im anderen suchen, in fernen Ländern, Kulturen, Themen. Meist relativiert er die eigenen Befindlichkeiten auf wundersame Art und zeigt uns Mitteleuropäern eindrucksvoll auf, wie niedlich viele unserer Probleme zumindest im Vergleich mit anderen Weltgegenden, politischen oder wirtschaftlichen Realitäten tatsächlich sind.

 

Die seit 1919 stattfindenden internationalen Konferenzen der Europäischen Hochschulen für Landschaftsarchitektur (European Council of Landscape Architecture Schools ECLAS) bieten eine ausserordentliche Gelegenheit für Perspektivenwechsel und einblicke in aktuelle Lehr- und Forschungsthemen unserer Nachbarländer – und weit darüber hinaus – zu bekommen. «Bridging the Gap – Grenzen überwinden» ist das Thema der diesjährigen Konferenz, die vom 11. bis 14. September 2016 in Rapperswil SG stattfindet. Ein erfreulicher kleiner Grenzübertritt ist die Überwindung des Röstigrabens für diese Konferenz. HSR und hepia haben sich für die Organisation zusammengetan.

anthos ist Medienpartner und hat die Ehre, die Referate der internationalen Keynote-Referenten ebenso wie eine Auswahl weiterer Konferenzbeiträge publizieren zu dürfen, die an der Konferenz zu hören sein werden. Ausserdem haben wir weitere Autoren eingeladen, das vielschichtige Thema auch um ihre Facetten zu bereichern.

Zur einfacheren Orientierung haben wir den Beiträgen kleine Logos vorangestellt: eine Art Lesehilfe, unter welcher fachlichen Fragestellung hier jeweils Grenzen überwunden werden.

 

 

Inhaltsverzeichnis

  • ECLAS CONFERENCE 2016: Program
  • Lesebrücke: Logo-Glossar
  • Chris Reed: Die Ökologien öffentlicher Plätze
  • Jörg Rekittke: Schlichtweg städtisch
  • Albert Fekete: Konzepte für die Neugestaltung
  • Claudia Moll: Die Kunst- und Handelsgärtner Froebel>> Artikel
  • Antje Havemann: Das Grüne Band: Lebenslinie Todesstreifen
  • Paolo Bürgi: Die Landschaft lesen
  • Simon Colwill: Von Alterungsprozessen lernen
  • Suzanne Kříženecký: Ein Garten der Kulturen des Mittelmeeres>> Artikel
  • Noel Kingsbury: Die Kaninchen-Perspektive
  • Mick Abbott, Kate Blackburne, Jacky Bowring, Charlotte Murphy: Fraktales Pflanzen in Aotearoa, Neuseeland
  • Florian Glowatz-Frei: Bucheggpark Zürich
  • Matthias Stremlow: Von der Kulturlandschaft zur Landschaftskultur
  • Daniela Gažová: Streusiedlungen
  • Ashleigh Hunter, Bruno Marques: Traditionelles Wissen nutzen
  • Nicole Uhrig: Grenzen ausloten in Berlin Marzahn