Masterplan + Freizeit

Erschienen: 24. November 2016

 

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Editorial

Sabine Wolf

 

Angenommen, es wäre alles einfacher, als es tatsächlich ist. Dann liessen sich die Anforderungen an grossmassstäbliche Projekte und Konzepte allein situations- und zeitbezogen ­formulieren, sachlich und angemessen. Bedürfnisse der ­Bevölkerung würden berücksichtigt, Partikularinteressen, ökonomische Scheinzwänge und persönliche Animositäten blieben aussen vor. Der ideale Planungsuntergrund gewissermassen.

Angenommen also, es wäre so. Auch dann würde rasch festgestellt, dass die Komplexität hoch ist. Das bedingte nicht nur, dass diese Planungen über sämtliche Grenzen hinweg verliefen, geografisch, ordnungspolitisch und stofflich, sondern auch, dass sie nur inter- und transdisziplinär angegangen und «geplant» werden könnten. Zu den zeit- und situations­bedingten Anforderungen gehörten strategische Überlegungen zum Umgang mit Raum. Dass er ein endliches Gut ist, haben nicht erst Brundtlandtbericht und Nachhaltigkeitsdiskurs herausgefunden.

Dazu zählte auch, das mit der Charta von Athen übernommene Dogma der Funktionentrennung zu überwinden. Es beeinflusst längst nicht nur die Stadtplanung, in der es hübsch Wohnen von Arbeiten und Freizeit trennt, es hat sich längst in allen Bereichen eingenistet: Das Naturschutzgebiet liegt neben dem Naherholungsgebiet, neben dem Siedlungsrand mit den Wohnhäuschen, neben den Arbeitsplätzen.

Wenn es einfacher wäre, als es ist, würde der Raum gesamthaft gedacht und multifunktional entwickelt. Ein Ansatz wären Überlagerungen. Naturschutz und (verträgliche) Erholungsnutzungen könnten übereinander liegen und Synergien finden: höhere Akzeptanz und kürzere Wege. Überlagerungen könnten auch neue, clevere Finanzierungsstrategien hervorbringen, wenn beispielsweise Mittel für Hochwasserschutz, Verkehrsinfrastruktur, Erholung/Tourismus und Freiraum­planung miteinander gekoppelt werden.

Im Wohnungsbau werden derzeit an so vielen Orten neue Projekte angestossen. Es wird Zeit, dass auch in räumlichen und infrastrukturellen Planungen mit bestehenden Instrumenten wie Masterplänen und Freiraumkonzepten innovative Lösungen entwickelt werden: systemisch (im Sinne von ganzheitlich und inklusiv), prozessual (mit klar definierten Strukturen, Abläufen, Entscheidungswegen), dynamisch (sozial, kultu­rell und ökologisch offen, anpassungs- und widerstandsfähig).

Der Konjunktiv wunderbar. Laut Duden verwenden wir ihn für Situationen, die nicht real, sondern nur möglich sind. Ein Anfang ist es allemal.

 

 

Inhaltsverzeichnis

  • Schweizer Gartenjahr 2016: Fünf Forderungen zur Landschaft von morgen
  • Thomas Hasler: Murgauenpark Frauenfeld
  • Elise Riedo: Seenlandschaften als Spiegelbilder unserer Gesellschaft>> Artikel
  • Gudrun Hoppe: Erlebnischaraktere an Flussräumen>> Artikel
  • Martin Knuijt: Stadtentwicklung in wassersensiblen Bereichen
  • Raoul Ris: Malerei als Hilfsmittel zur Kommunikation
  • von Landschaftsqualitäten?
  • Robin Winogrond, Lukas Schweingruber: Lässt sich Landschaft ausstellen?
  • Olivier Donzé, Lionel Rinquet et Benjamin Dupont-Roy: Virtuelle Realität: ein Werkzeug für die Planung?
  • Harald Spiering, Christoph Lottritz: Der RuhrtalRadweg
  • Peter Veenstra: Singelpark à Leyde: Singelpark Leiden: ein partizipatives Experiment
  • Francesco Della Casa: Der Leman-Express als städtebaulicher Motor
  • Markus Frietsch: AlpTransit Gotthard
  • Franca Leverotti: Die Zerstörung einer Landschaft